Terminkalender
Oswald von Wolkenstein - Rainer Maria Rilke: Das Marienleben - eine musikalisch-literarische Musik zur Marktzeit am 05.10.2013
Hartmut Schulz - Bariton
Ja-Min Oh - Gitarre
Das gewaltige Werk des Südtirolers Oswald von Wolkenstein (ca 1376/ 77 - 1445) steht am Ende der musikalischen und poetischen Entwicklungen des Mittelalters. In seinen Gedichten und Liedern schließt sich zum einen eine ganze Epoche ab, zum andern wagt er schon erste Schritte auf dem Weg in das neue Zeitalter der Renaissance.
Als spätmittelalterlichen Dichter weisen ihn vor allem die Themen seiner Liedtexte aus: bei ihm feiert die Minne als idealisierte Liebe noch ihren letzten großen Triumph, die Kreuzzüge sind noch präsent und sein Weltbild ist noch voll der Teufel und Dämonen der katholischen Mystik. Gleichzeitig aber gewinnen sowohl Dichtung als auch der melodische Fluss seiner Musik einen Individualität, die ihn von den oft floskelhaften Versen anderer Poeten seiner Zeit deutlich unterscheidet.
Davon sind nicht nur seine weltlichen Stücke geprägt: grade in seinen religiösen Liedern - etwa ein Viertel seines Gesamtwerks - zeigt sich ein Zug zur Verinnerlichung und Personalisierung, in dem sich schon das Gottesbild der Neuzeit ankündigt. Nichtmehr Pathos und Extase der mittelalterlichen Kirchengesänge stehen bei ihm im Mittelpunkt, sondern die private, oft fast zärtliche Andacht. Diese erreicht grade in den in diesem Programm zusammengestellten Marienlieder eine anrührende Intensität, die such heutige Zuhörer in ihren Bann zieht.
Fast 500 Jahre trennen Oswald von Wolkenstein von dem anderen dichter dieses Programms: Rainer Maria Rilke (1875 - 1926). Verbunden sind die beiden jedoch über die unerhörte Virtuosität im Einsatz ihrer sprachlichen Mittel. Und so liegt es für dieses Programm nahe, den - in Originalsprache gesungenen - Liedern des Wolkensteiners Gedichte aus Rilkes Zyklus 'Das Marienleben' (1912) als die 'Biografie' der Gottesmutter ergänzende Miniaturen zur Seite zu stellen.